E-Mobilität

Energieagentur Rheinland-Pfalz: Sie gehören bundesweit zu den ersten Besitzern eines vollelektrischen Autos vom Typ Renault ZOE mit einer Akkuleistung von 22 kWh, waren genauer gesagt der der 55ste ZOE-Fahrer in Deutschland. Was hat Sie damals, 2013, bewogen sich ein Elektro-Auto anzuschaffen?

Andreas Neisius: Ich hatte schon 2012 bei einer Internetrecherche die Designstudie von Renault gesehen, den DeZir, elektrisch angetrieben. Der ZOE war gerade in der Planung, man konnte sich bei Renault registrieren lassen und sich für eine Probefahrt anmelden. Das elektrische Fahren hat mich sofort begeistert.

EA: Wie nutzen Sie Ihr Elektroauto - für die Fahrten zur Arbeit, eher im privaten Bereich oder beides?

N: Ich habe die Entwicklung des ZOE fast ein Jahr lang mitverfolgt und mir in dieser Zeit Gedanken über die Nutzung gemacht: Komme ich gut zur Arbeit, wo kann ich das Auto laden, welche Strecken kann ich mit einer Tankfüllung gerade hier in der hügeligen Eifel oder dem Hunsrück zurücklegen? Ich fahre alles mit meinem Elektroauto.

EA: Welche Erfahrungen haben Sie bezüglich der Lademöglichkeiten gemacht, was hat sich in den Jahren seither geändert?

N: Insgesamt gibt es mehr Ladesäulen, allerdings in manchen Regionen weniger Schnellladesäulen. Der ZOE konnte früher mit 43 kW aufgeladen werden, heute „nur“ noch mit 22 kW. Das Schnellladen könnte mit einem höheren Akkuverschleiß verbunden sein wird oft gesagt. Ich habe mit meiner alten ZOE schon öfter die Schnellladefunktion benutzt. Ich denke,  es gibt noch zu wenig Erfahrungswerte,  was die Haltbarkeit des Akkus betrifft. Ich weiß beispielsweise von einem Tesla mit über 300.000 km Laufleistung  -  der hat immer noch den ersten Akku drin.

EA: Ihre Erfahrungen dazu?  

N: Mit meinem Elektroauto bin ich in fünf Jahren 75.000 km gefahren. Der Akku hatte noch 96,5 % seiner Leistungsfähigkeit.

EA: Sie haben sich bewusst für ein Elektroauto entschieden. Welche Hinweise haben Sie für Menschen, die dies erwägen, aber noch nicht entschlossen sind?

N: Ich würde mal die ganzen Gedanken an Reichweite und wie lange das Laden dauert ausblenden und mir überlegen, wie ich das Auto zu 90 % der Zeit im Jahr nutze. Meistens steht es doch irgendwo rum. Und: Vor der Entscheidung für ein Elektroauto würde ich mal meinen Chef fragen, ob ich in der Firma „tanken“ kann -  vielleicht lässt sich ja eine Wallbox anbringen -, wenn ich das Auto nicht zuhause aufladen kann. Und: Eine normale Schuko-Steckdose wäre für den Anfang auch schon ausreichend.

EA: Was war Ihre größte Herausforderung bei einer Fahrt mit dem E-Auto?

N: Eine schöne Tour war die Fahrt zu allen deutschen Landeshauptstädten nacheinander. Wichtig ist, dass man sich gut vorbereitet und weiß, wo die Lademöglichkeiten sind. Ich bin 3500 km gefahren, habe für insgesamt 16 € getankt und vorher alles gut geplant. Eine Herausforderung war, dass bei Magdeburg überraschend 12 cm Neuschnee zu bewältigen war. Noch größer war die Herausforderung allerdings in der Gegend von Pforzheim, als beim Laden plötzlich eine Störung aufgezeigt wurde. Auch die zweite Ladesäule brachte kein besseres Ergebnis. Es stellte sich heraus, dass die Ladesäulen nicht geerdet waren, da macht die Steuerung der ZOE einfach dicht. Ich bin außerdem mit der ‚alten‘ ZOE (Reichweite: etwa 160 km) nach Mallorca und zurück gefahren. In Frankreich und Spanien war das Laden an jedem größeren Supermarkt - IKEA, Auchan - im öffentlichen Raum kostenlos möglich, überwiegend sogar mit Schnellladung.

EA: Die Ladeinfrastruktur hat sich in den letzten Jahren sehr verändert. Hatten Sie auch den ganzen Geldbeutel voller Ladekarten und mehrere Stecker?

N: Ich hatte einen Autostromvertrag mit RWE, dadurch habe ich einen günstigeren Stromtarif bekommen. Das war eine Kooperation mit Renault. Der Nachteil war, dass ich nicht an anderen Säulen tanken konnte. Der Wechsel zu einem anderen Anbieter hatte den Vorteil, dass Lademinuten abgerechnet werden - was beim ZOE durch die Möglichkeit, mit 22 kW schnell zu laden, die „Tankladungen“ sehr günstig macht. Ich fahre für circa 80 Cent pro 100 km.

Vor dem Wechsel war das Laden an anderen Ladesäulen schon möglich. Man musste sich nur entsprechende Karten besorgen: NewMotion, enovos (Luxemburg), Kiwhi (Frankreich), Fastned (Niederlande),und einige mehr.  Wenn man sich etwas informiert hat, konnte man sehr viele Ladesäulen finden, wo der Strom kostenlos war und teilweise auch noch ist.

Problematisch ist, dass oft nur eine Ladesäule für zwei Autos aufgestellt ist; bei den Schnellladesäulen können leider nicht beide gleichzeitig laden, selbst wenn drei Steckertypen vorhanden sind.

Gelinde gesagt ist die Situation der Anzahl der Schnelllader für Rheinland-Pfalz und Saarland beschämend. Die Anzahl Ladesäulen bis 22 KW Ladeleistung ist okay, was nicht bedeutet, dass es genug davon gibt.

EA: Wie bewerten Sie die Wirtschaftlichkeit Ihres Wagens in Bezug auf Wartung und Reparatur?

N: Wer innerhalb von fünf Jahren 370 Euro für Wartung ausgibt, braucht sich über Wirtschaftlichkeit keine Gedanken zu machen.

EA: Heute gibt es viele „digitale Helfer“, darunter Apps, mit denen man Ladesäulen finden kann und auch den Ladezustand fernabfragen kann.  Wie hilfreich finden Sie diese?

N: Die autoeigene App informiert mich über den Ladezustand. Herstellerabhängig ist die schon beim Fahrzeug dabei. Ansonsten nutze ich als wichtigste Informationsquelle „going electric“, die ich als die beste empfinde.

EA: Wie bewerten Sie die Entwicklung hin zu immer größeren Reichweiten, einhergehend mit einem höheren Akkugewicht?

N: Die Leistungsdichte ist höher geworden, so dass kaum Mehrgewicht entsteht. Problematisch finde ich eher, dass es hier vom Spatenstich bis zum Anschluss so lange dauert, bis eine Ladesäule steht. Und dann auch oft nur eine, anstatt gleich mehrere nebeneinander zu stellen.

Zur Person:
Andreas Neisius lebt in der Nähe von Trier und pendelt – elektromobil -  zu seinem Arbeitsplatz. Als Schlossermeister ist er technisch versiert, an neuen Entwicklungen interessiert. Schon ganz früh hat er sich mit Computern beschäftigt und sich das Arbeiten mit CAD (Computer unterstütztes Design) selbst beigebracht.
Er hat über 35 Jahre in einem Musikverein Klarinette gespielt und ist gern mit seiner Clique aus dem Verein zum Oktoberfest nach München gefahren. Seit er elektrisch unterwegs ist, fährt er umso lieber mal weg.

(Andreas Neisius im Interview mit Anna Jessenberger)

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